Spontane Reise nach Südfrankreich ans Mittelmeer
Nach der Niederlage im letzten Gruppenspiel der EHF Champions League in Paris stand fest, dass die nächste Reise für Ljubo Jungs wieder nach Frankreich führen würde – nämlich nach Montpellier. Die glorreichen Tage des Handballs in Montpellier sind zwar Vergangenheit, denn die Nummer 1 in Frankreich ist dank eines Scheichs nun die Handballmannschaft aus Paris, trotzdem war klar, dass das Achtelfinale nicht zum Selbstläufer für die SG wird. Montpellier hatte zwar in seiner Vorrundengruppe nur Tabellenplatz 6 belegt, konnte allerdings einige beachtliche Ergebnisse erzielen. Gegen die Rhein-Neckar Löwen zum Beispiel unterlag die Mannschaft aus Südfrankreich nur zweimal knapp.
Nachdem feststand, dass es nur zwei Wochen nach dem Auswärtsspiel in Paris nach Montpellier gehen würde, wurden verschiedene Optionen geprüft, wie man als Fan den Weg dorthin zurücklegen könnte. Schnell mussten wir feststellen, dass günstige Flugreisen selbst für Einzelpersonen Mangelware sind. Selbst die Mannschaft hatte, wie wir später erfahren haben, Probleme passende Flüge zu finden. Ergebnis war, dass der Hinweg der Mannschaft über Toulouse führte, zurück nach Flensburg ging es über Marseille, Frankfurt und Hamburg. Unsere Hoffnung einen Weg zum Spielort zu finden, war daher nur noch gering. Fünf Tage vor dem Spiel kam die Wende und es konnte eine Reise nach Montpellier geplant werden. Ralf und Alex von der Südfraktion entschieden sich nämlich, den Weg von München nach Südfrankreich mit dem Auto zurückzulegen. Bereits am Freitagmittag begab sich Alex von Frankfurt mit einer Mitfahrgelegenheit auf den Weg nach München, wo die gemeinsame Reise beginnen sollte. Bereits auf der Fahrt von Hessen nach Bayern wurde spürbar, dass in einigen Bundesländern die Schulferien zu Ostern begonnen hatten. Trotz des dichten Verkehrs war Alex pünktlich zum abgemachten Treffpunkt in München angekommen und um kurz nach 18 Uhr starteten wir gen Montpellier. Diesmal im Gepäck: Fahne und Tröte. Im Gegensatz zu der Fahrt nach Paris wurde uns bereits im Vorhinein durch den Heimverein zugesichert, dass wir diese problemlos mit in die Halle nehmen können. Am Freitagnachmittag erhielt Alex zudem – endlich – die Information, dass zwei Tickets an der Abendkasse hinterlegt wären. Dadurch hatte sich die Befürchtung, am Ende eventuell ohne Karte vor einer ausverkauften Halle zu stehen, erledigt.
Das erste Etappenziel war Belfort, eine kleine französische Stadt, kurz hinter der deutsch-französischen Grenze. Die Fahrt zum Zielort sollte über Stuttgart und Karlsruhe führen, um die Schweiz (ein weiteres Land neben Frankreich mit Mautgebühren) zu umgehen. Auf dem Weg von München nach Belfort machten sich erste Sorgen breit, ob das erste Etappenziel bis Mitternacht erreicht werden konnte. Wir hatten dort ein Hotelzimmer gebucht, welches bis Mitternacht erreicht werden musste. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens durch die beginnenden Osterferien, gab es mehrere Staus, die den Zeitplan in Gefahr brachten. Dank guter Navigationsführung, quer durch den verschneiten Schwarzwald über Bundesstraßen, konnten wir Belfort jedoch kurz vor Mitternacht erreichen und im Hotel einchecken. Da noch ein beträchtliches Stück Strecke vor uns lag, war die Nacht entsprechend kurz. Im Hotel gab es am frühen Morgen Kaffee und Orangensaft aufs Haus. In einer französischen Zeitung entdeckten wir noch einen Artikel, in dem eine komplette Seit dem Champions League Spiel Montpellier gegen Flensburg gewidmet wurde. Aufgrund unserer mangelnden französischen Sprachkenntnisse haben wir davon aber leider nichts verstehen können. Gegen 8 Uhr ging es dann für uns weiter von Belfort in Richtung Montpellier, welches wir ohne weitere Vorkommnisse um halb zwei erreicht hatten. Erstes Ziel war der Strand: Bei 16 Grad und Sonnenschein haben wir einen kleinen Spaziergang absolviert. Hierbei wurde auch die Möglichkeit genutzt, ein Foto mit uns und der Südfraktion-Fahne am Meer zu machen. Kaum zu glauben: Nachts waren wir noch durch den verschneiten Schwarzwald gefahren und am nächsten Tag verweilten wir kurzärmelig am Strand von Montpellier. Vom Meer ging es weiter in die Stadt, wo wir durch die engen Gassen und die Fußgängerzone schlenderten. Aufgrund des engen Zeitplans ging es aber relativ schnell weiter in Richtung Halle. Hierbei war es eine durchaus größere Aufgabe aus dem Stadtzentrum heraus den Weg dorthin zu finden: Enge Gassen, Einbahnstraßen und andere Verkehrsregelungen trugen ihren Teil dazu bei, dass sich die geplante Fahrtzeit verdreifachte. Trotz allem kamen wir pünktlich an der Halle an und konnten das Auto in einem Wohngebiet abstellen.
Das Spiel fand im Palais des Sports Rene Bougnol, der kleineren Halle von Montpellier, statt. Insgesamt hat diese Halle eine Zuschauerkapazität für 3.000 Fans, war an diesem Tag aber mit rund 2.800 Zuschauern nicht ausverkauft, was wir durchaus enttäuschend fanden. In der Halle angekommen, wurde uns sehr schnell klar, dass wir die einzigen SG Fans vor Ort waren. Mit einem deutschen Pärchen, das in Montpellier wohnhaft ist, kamen wir allerdings noch ins Gespräch und hoffen, dass das Spiel dazu beigetragen hat, dass die beiden die SG in Zukunft weiter verfolgen. Ganz besondere Geste: Bereits vor dem Spiel wurden wir von den Fans der Heimmannschaft auf einen Drink nach dem Spiel eingeladen. Diese Einladung haben wir natürlich gerne angenommen. Die Fans von Montpellier machten vor allem durch Trompeten während des Spiels auf sich aufmerksam, doch auch unsere Tröte sowie unsere „Andersson!“-Rufe hat man – den Sky-Zuschauern zufolge – gut gehört. Eher negativ fiel uns auf, dass trotz des engen Spielstands über die komplette Spielzeit, die Lautsprecheranlage dazu dienen musste, für Stimmung in der Halle zu sorgen. Umso besser gefiel uns hingegen das Ergebnis! Den von uns beiden umjubelten Auswärtssieg brachte Johan mit seinem Tor in letzter Sekunde unter Dach und Fach. Damit war die gute Ausgangslage für das Rückspiel geschaffen.
Nach dem Spiel fanden wir uns in der kleinen Fankneipe des Fanclubs von Montpellier „Blue Fox“ ein. Dort wurden wir sofort freundlich von den Fanclubmitgliedern Bruno und Stephan empfangen. Der Präsident des Fanclubs hieß uns ebenfalls willkommen und stellte sich uns vor. Wer denkt, dass Gespräche aufgrund unserer fehlenden Französischkenntnisse nicht möglich gewesen wären, liegt falsch. Bruno überraschte uns nämlich sogleich mit seinen Deutsch- und Englischkenntnissen, so dass wir sehr leicht ins Gespräch kamen. Die Fankneipe des Fanclubs „Blue Fox“ ist geschmückt mit verschiedenen Fanuntensilien (Schals, Wimpel, Trikots, Fahnen) anderer Mannschaften, die bisher in Montpellier zu Gast waren. Schnell kam Alex zu dem Entschluss, dem Fanclub ein Andenken aus Flensburg für die Gastfreundschaft zu schenken und so wurde eine SG Fahne übergeben, die auch sogleich einen Platz in der Kneipe fand. Als Dankeschön wurden uns Armbändchen und ein Schal von Montpellier überreicht. Zwischendurch durfte der obligatorische Besuch am Bus unserer Mannschaft nicht fehlen. Die Jungs bedankten sich wie immer für die Unterstützung und zeigten sich beeindruckt von unserem Reise-Engagement. Zudem waren natürlich alle glücklich, dass sie Montpellier als Sieger verlassen konnten. Zurück in der Fankneipe wurde uns noch Gregory Anquetil vorgestellt. An ihn haben viele Fans der SG wohl eher schlechte Erinnerungen, da er im Jahr 2005 den entscheidenden Treffer in letzter Sekunde erzielte. Durch diesen Treffer aus unmöglichem Winkel ist die SG damals aus dem internationalen Wettbewerb ausgeschieden. Trotz dieses Vorkommnisses haben wir noch ein schnelles Foto zusammen mit Gregory Anquetil gemacht. Bruno drückte es passend aus: „Wir gewinnen zusammen und verlieren zusammen.“
Um halb zehn verabschiedeten wir uns unter Beifall von dem Fanclub aus Montpellier und machten uns auf die Rückreise. Vor dem Spiel lautete das Zwischenziel Lyon. Aufgrund der neu geknüpften Kontakte und der daraus resultierenden langen Gespräche in der Fankneipe von Montpellier nach dem Spiel, wurde uns aber schnell bewusst, dass wir Lyon erst weit nach Mitternacht erreichen würden. Glücklicherweise hatten wir im Vorfeld kein Hotel gebucht, sodass wir flexibel waren und beschlossen, etwa 100 Kilometer weniger als geplant zu fahren. Kurz vor Mitternacht, buchten wir spontan über das Internet eine Unterkunft in Valence und konnten zehn Minuten später einchecken.
Am nächsten Morgen wurde der Rest der Strecke in Richtung Heimat zurückgelegt. Ohne weitere Staus konnte Alex in Karlsruhe abgesetzt werden und seine Reise nach Hessen antreten. Gleichzeitig begab sich Ralf auf die letzten 300 Kilometer Richtung München. Wir waren uns beide einig, dass diese spontane Reise nach Südfrankreich ein voller Erfolg war. Zum einem konnte die SG das Spiel gewinnen und wir einen Auswärtssieg bejubeln. Zum anderen hat der Handballsport wieder gezeigt, wie Fans miteinander feiern können. Es wurden Kontaktdaten ausgetauscht, sodass Ralf, der das Rückspiel in Flensburg besuchen wird, sich dort mit Bruno und den anderen Fans aus Montpellier auf ein norddeutsches Kaltgetränk treffen wird.
[Text & Fotos: Alex]