Nach 14 Jahren zurück in der Heimat

Moin zusammen, mein Name ist Grímur und ich bin seit 2008 das Maskottchen des Fanclubs „Die Wikinger“. Die meisten von euch werden mich schon einmal bei einer Auswärtsfahrt gesehen haben, wenn ich – meist zusammen mit meinem kleinen Bruder Ingólfur – vorn im Bus sitze.

Natürlich bin ich nicht nur Maskottchen des Fanclubs, sondern auch großer Fan der SG Flensburg-Handewitt. Der Mannschaft wünsche ich immer nur das Allerbeste und doch freue ich mich, dass sie in dieser Saison nicht in der Champions League, sondern in der European League spielt und sich hierdurch für mich die Möglichkeit ergab, nach 14 Jahren in meine Heimat Island zurückzukehren. Ich war sehr aufgeregt und konnte die Abfahrt kaum erwarten, bis es mit dem Präsidentenpaar Birte und Ingo zum Treffpunkt an der Friesischen Lücke ging.

Dort angekommen, konnte ich meinen Augen kaum trauen: Gleich 30 Wikinger wollten mit mir auf die Insel aus Feuer und Eis reisen. Frábært, wie man dort sagt. Einige waren schon 2008 dabei, manche hatten die Insel bereits bei anderer Gelegenheit gesehen, aber die meisten wollten zum ersten Mal dorthin und (fast) alle waren genauso aufgeregt wie ich. Nachdem wir das erste Teilstück per Bus zurückgelegt hatten, ging es von Fredericia mit dem Zug weiter und ich machte es mir in einer fröhlichen Damenrunde gemütlich, in der es leckere Knabbereien und auch schon ein wenig Alkohol gab. Ich habe aber nichts getrunken, sondern die Fahrkarten bewacht! In Kopenhagen angekommen, mussten ein paar kleinere Schwierigkeiten in Bezug auf das Gepäck geklärt werden, aber dann ging es auch schon los und ich konnte den Ausblick auf die Öresundquerung genießen. Ist ja schon lustig, wie die Straße quasi aus dem Wasser kommt. Wir hatten ordentlich Rückenwind und so erreichten wir Island viel früher als geplant und ich wurde leicht melancholisch, als ich zum ersten Mal wieder meine Heimat sah.

Am Flughafen erwartete uns schon Busfahrer Robert, mit dem ich mich in den folgenden Tagen gut angefreundet habe. Astrid kennt sich ein bisschen aus auf Island und hatte mir die Reiseleitung vor der Nase weggeschnappt, aber sie hat das ganz ordentlich gemacht und auch sofort dafür gesorgt, dass ich als Co-Reiseleiter meinen angestammten Platz im Bus bekam. Mit am besten fand ich, dass sie uns einen Bus vom Unternehmen TEITUR organisiert hatte. Da wusste man doch immer gleich, wo man hingehört. Bei der Fahrt nach Reykjavík gab es die ersten kurzen Erläuterungen und auch einen ersten Blick auf die Halle unseres Gegners. Einige aus der Gruppe haben sich sofort auf Erkundungstour gemacht, andere (so wie ich) haben es ruhiger angehen lassen und erst einmal die Füße hochgelegt. Abends waren wir dann alle gemeinsam in der Nähe des Hotels essen und haben den Anreisetag später in Kleingruppen ausklingen lassen. Fünf von uns haben am späten Abend auf einer geführten Tour erfolgreich Polarlichter gejagt und waren im Anschluss dankbar, dass Robert unser Busfahrer war – und nicht Karol.

Am nächsten Morgen ging es nach dem Frühstück direkt los mit dem Sightseeing – genau wie 2008 wurde der Golden Circle erkundet. Erster Stopp war am 55 m tiefen Krater Keriđ, ein Vulkan, der vor rund 3.000 Jahren erloschen ist. Alle waren von dem farbenprächtigen Gestein und dem türkisblauen See begeistert. Mir war dort ein bisschen frisch und so hat mir die First Lady Unterschlupf gewährt. Takk fyrir mig!
 

Weiter ging es zum geschichtsträchtigen Ort Skálholt, der jahrhundertelang nicht nur die kirchliche, sondern auch politische Entwicklung Islands geprägt hat. Da gerade ein Gottesdienst stattfand, in dem Weihnachtslieder gesungen wurden, konnten wir die Hauptkirche zwar nicht besichtigen, dafür aber einen Nachbau einer der früheren Torfkirchen am gleichen Ort.
 

Nun wurde ich richtig hibbelig, ging es doch zum Gullfoss – dem goldenen Wasserfall, an dem ich 2008 von den Wikingern entdeckt und adoptiert wurde. Es war herrlich dorthin zurückzukehren, aber auch allen anderen gefiel es dort sehr gut und so strahlten wir alle um die Wette. Wagemutige gingen bis ganz dicht an den Wasserfall heran und ließen sich die Gischt um die Nase spritzen, da wollte ich natürlich nicht zurückstehen.
 

Vom Gullfoss war es nur ein Katzensprung ins Haukadalur, das Habichtstal. Allerdings haben wir uns dort keine Vogelzucht angesehen, sondern den Namensgeber aller Springquellen dieser Welt: Den großen Geysir. Leider ist dieser nur noch seeeeehr sporadisch aktiv, aber sein kleiner Bruder Strokkur hat uns ein ums andere Mal mit seinen Fontänen begeistert. Ich habe mich vorsichtshalber etwas im Hintergrund gehalten und dem Präsi über die Schulter geschaut. Auch die anderen heißen Quellen waren sehr sehenswert und es war faszinierend zu sehen, wie Algen für verschiedenste Farben im ansonsten klaren, aber heißen Wasser sorgten.
 

Nun wurde es historisch und geologisch bedeutsam, denn wir fuhren nach Thingvellir. Also an den Ort, an dem die Wikinger 930 n.C. das erste demokratische Parlament der Welt gegründet haben und zudem Island jedes Jahr ein bisschen größer wird, da sich hier die tektonischen Platten von Eurasien und Amerika voneinander wegbewegen. Wir haben eine Wanderung durch die Allmännerschlucht gemacht (die Frauen durften aber auch mit, hihi), am Gesetzesberg (wie schon 2008) für ein Gruppenfoto posiert und Solwey ein Geburtstagsständchen nach Flensburg geschickt, die Aussicht genossen und uns gefreut, als wir leicht durchgefroren am Ende der Schlucht wieder zu Robert in den Bus steigen durften.

Über den Abend möchte ich gar nicht so viel sagen… Der Großteil der Gruppe hat sich zu einem kleinen Umtrunk mit Knabberkram in der Wikinger-Lounge des Hotels eingefunden. Ulli hat für Eiswürfel gesorgt und die Stimmung war sehr fröhlich. Ich habe auf Vorschlag von Kristin ein wenig am Weißwein genippt, musste aber feststellen, dass das nicht mein Getränk ist…

Am nächsten Morgen war ich aber wieder fit und bereit für einen Ausflug an die Südküste des Landes. Hierbei sind wir auch durch Selfoss, den Heimatort von Teitur Einarsson gefahren, allerdings hatten es seine Eltern versäumt, uns per Plakat zu begrüßen. Schade eigentlich. Aber dafür haben wir am nächsten Abend sehr nett geplaudert, das ist ja letztlich viel mehr wert.

Nachdem wir in Hvolsvöllur einen kleinen Shoppingstopp gemacht hatten, ging es vorbei am Eyjafjallajökull. Der Vulkan, dessen Aschewolke im Frühjahr 2010 weltweit den Flugverkehr beeinträchtigte.
Wenig später kamen wir bei unserem ersten offiziellen Halt des Tages an: Dem Skógafoss. Kaum zu glauben, dass die Fallkante früher die Steilküste war. Genau wie die anderen war auch ich sehr beeindruckt von dem 62 m hohen und 25 breiten Fall, daran konnte auch der Regenguss, der uns dort ereilte, nichts ändern. Schade nur, dass wir nicht den sagenumwobenen Goldtopf, der dort versteckt sein soll, gefunden haben.
 

Weiter ging es zur Gletscherzunge Sólheimajökull. Astrid machte uns darauf aufmerksam, dass hier die Folgen des Klimawandels deutlich sichtbar sind, hat sich der Gletscher in den letzten zehn Jahren doch rund einen km zurückgezogen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Sólheimajökull in den kommenden Jahren gänzlich verschwinden wird. Umso schöner, dass wir den Gletscher und die abgebrochenen Eisstücke im Gletschersee noch bewundern konnten.
 

Unser nächster Halt brachte uns nach Vík und damit an den südlichsten Punkt des isländischen Festlandes. Leider gab es hier einen heftigen Regenguss, während einige den schwarzen Strand erkundeten. Andere hatten mehr Glück, da sie sich genau in diesem Moment im großen Souvenirshop mit angrenzendem Café aufhielten.

Im Anschluss ging es wieder zurück in Richtung Reykjavík, doch hatten sich Robert und Astrid noch zwei Highlights für uns aufgespart: Zunächst ging es an den schwarzen Strand von Reynisfjara, der trotz einer Wassertemperatur des Nordatlantiks von max. 5° C schon mehrfach als einer der zehn schönsten, nicht tropischen Strände der Welt ausgezeichnet wurde. Die Warnung vor den gefährlichen Wellen hatten einige erst noch ein wenig belächelt, doch spätestens als jemand aus einer anderen Reisegruppe durch eine Welle von den Füßen geholt und unsanft zu Boden gebracht wurde, hatten alle Respekt vor diesem Naturschauspiel. Leider verhinderten die Wellen einen Besuch der Basalthöhle am Strand, aber das kann man ja vielleicht bei einem weiteren Besuch nachholen. Eindrucksvoll war auch der Blick auf das 120 m hohe Kap Dyrhólaey („Türlochinsel.“), das seit 1978 unter Naturschutz steht.
 

Der letzte Stopp auf unserem Südküstenausflug war am Seljalandsfoss. Bereits auf dem Hinweg hatten wir ihn von der Ringstraße aus gesehen, nun hielten wir an und bewunderten den zwar schmalen, aber 65 m hohen Wasserfall, der ein kleines Abenteuer für die Wagemutigen bereithielt: Man kann den Wasserfall nämlich umrunden und so einen Blick durch den Wasserschleier auf die umgebende Landschaft werfen. Mir war es zu feucht und so habe ich mir das Spektakel von vorn angesehen.
 

Auch an diesem Abend fand ein Treffen in der Wikinger-Lounge statt. Ich war jedoch privat eingeladen und konnte neben Pizza und Viking-Bier auch den Ausblick auf das Licht des Imagine Peace Towers genießen, den Yoko Ono zu Ehren von John Lennon hat errichten lassen. Als wir gegen Mitternacht zurück ins Hotel kamen, war die Wikinger Lounge wie leergefegt, vorbildliche Sportfans!

Am nächsten Morgen naschte ich zum letzten Mal vom Lebertran und der Súrmjólk, die auf keinem isländischen Frühstücksbuffet fehlen dürfen. Natürlich gab es auch Kaffee und Brötchen und dann machten wir uns gut gestärkt auf zur Stadterkundung. Zunächst lag uns die beleuchtete Stadt zu Füßen, ehe wir am Aussichtspunkt Sólfar, der an ein Wikingerschiff erinnert, zusammen mit Robert ein Erinnerungsfoto gemacht haben. Wir fuhren an verschiedenen Sehenswürdigkeiten vorbei, ehe wir einen kleinen Spaziergang unternahmen, da die Innenstadt von Reykjavík für Touristenbusse gesperrt ist. Hierbei entdeckten wir neben u. a. dem Rathaus, dem Parlamentsgebäude und dem ältesten erhaltenen Haus der Stadt von 1772 auch die böse Weihnachtskatze, die der Legende nach alle frisst, die zu Weihnachten kein Kleidungsstück geschenkt bekommen. Am imposanten Konzerthaus Harpa, dessen Außenhaut aus zahllosen Glaswaben besteht, stiegen wir wieder in den Bus und wurden von Robert zur Hallgrímskirche gebracht, die man von fast jedem Punkt der Innenstadt sehen kann. Wir besichtigten die Kirche und erwiesen auf dem Vorplatz der Statue von Leifur Eíriksson, Wikinger und wahrer Entdecker Nordamerikas, die Ehre.
 

Es folgte eine Mittagspause im Potturinn og Pannan oder auch „Pütt un Pann“, wie Beate so richtig übersetzte. Hier hatten wir 2008 sehr gut gegessen und viele hatten um einen erneuten Besuch gebeten. Astrid hatte uns in den vorangegangenen Tagen mehrfach vom gelassenen Improvisationstalent der Isländer erzählt und hier lieferte sie uns den lebenden Beweis, da sie sich bei der Reservierung im Datum vertan hatte. Nach einem kurzen Schlucken bat uns (immerhin 31 Menschen und ein Plüsch-Wikinger) der freundliche Kellner herein, der Koch legte eine Sonderschicht ein und schon konnten wir das leckere Mittagsbuffet genießen.

Im Anschluss ging es raus aus der Stadt und ab auf die Halbinsel Reykjanes. Während unsere Mannschaft einen Spaziergang in Reykjavík machte, hielten wir zunächst an der „Brücke zwischen den Kontinenten“, auf der man symbolisch von Europa nach Amerika und zurück wandern kann, da auch hier die Kontinentalplatten auseinanderdriften. Es war sehr windig hier, aber der Ausblick auf die Lavalandschaft sowie den Nordatlantik war atemberaubend.

Weiter ging es zur größten Schlammquelle Islands, Gunnuhver, in der angeblich ein Gespenst lebt. So wie ich das sehe, sind es eher einige Wikinger-Gespenster. Auf jeden Fall zischte und brodelte es dort ganz gewaltig – Natur kann etwas! Dass auf Island Elfen und Trolle leben, ist ja allgemein bekannt, nun wollten wir den Trollpool Brimketill besichtigen. Allerdings peitschten die Wellen an diesem Tag so hoch, dass man die Umrandungen der Pools mehr erahnen als sehen konnte. Fast jeder hat wohl ein paar Spritzer Gischt abbekommen, das störte bei Sonnenschein und beeindruckendem Naturschauspiel aber niemanden.

Leider stand die Sonne bei unserem nächsten Halt schon so tief am Horizont, dass sie den Grænesvatn nicht mehr in seiner typischen türkisgrünen Färbung erstrahlen lassen konnte. Insofern blieben wir nur kurz hier, ehe wir zum letzten Mal auf dieser Reise „Farben, Geräusche und Gerüche“ auf uns wirken ließen. Im Geothermalgebiet Krýsuvík wurden wir gleich nach dem Ausstieg aus dem Bus von einer schwefelhaltigen Quelle begrüßt, ihr folgten noch einige weitere, die zischten, blubberten und ziemlich stanken. Puh…freut euch, dass es noch keine Geruchsfotos gibt. Trotzdem oder auch gerade deshalb war der Besuch ein echtes Highlight, zumal die Farben des Gesteins nahezu unwirklich waren.

Nach einem letzten Halt am Kleifarvatn, dessen Pegel sich aufgrund von tektonischen Verschiebungen gern einmal verändert und der auch in Romanen erwähnt wird, fuhren wir zurück in die Stadt. Vorbei am Laugardalur mit den Sportstätten der Handball- und Fußball-Nationalmannschaften und dem Höfđi-Haus, in dem 1986 die Herren Gorbatschow und Reagan bei ihrem Gipfeltreffen die ersten Schritte zur Beendigung des Kalten Krieges machten.

Nun wartete nur noch ein Highlight auf uns: Das Handballspiel! Zeitgleich mit unserer Mannschaft verließen wir das gemeinsame Hotel und waren zu Fuß sogar schneller, als der Mannschaftsbus. In der Halle suchten wir sogleich den VIP-Raum auf und wurden dort freundlich von den Valur-Fans empfangen, die sich beeindruckt von unserer Gruppengröße und Reiselust zeigten. Dort traf ich auch auf die drei Flensburg-Berliner und wir stießen mit einem Viking-Bier an, während die Wikinger das Fingerfood-Buffet genossen. Dagur Sigurdsson und der Vater von Teitur Einarsson stellten die beiden Mannschaften vor und begrüßten uns sehr freundlich – Dagur sogar auf Deutsch. Das Spiel hat viel Spaß gemacht und am Ende konnten wir mit der Mannschaft einen 37:32 Sieg bejubeln. Den größten Einsatz lieferten nach meiner Einschätzung übrigens Lydia an der Trommel und Petra an der Tröte, die tapfer gegen die 60 Minuten lang "lärmenden" Valur-Fans für uns den Takt vorgaben. Hut, ach nein: Helm ab! Teitur und seine Familie freuten sich nach dem Abpfiff sichtlich über den Sprechchor zu seinen Ehren und einzelne Spieler kamen später noch zu einem kurzen Klönschnack vorbei. Zurück im VIP-Raum gab es noch ein paar Getränke und viele nette Gespräche mit den Einheimischen, bevor wir zurück ins Hotel schlenderten.

Dort statteten wir zum letzten Mal der Wikinger-Lounge einen Besuch ab, ehe es nach einer sehr kurzen Nacht zum Flughafen ging. Die Rückreise verlief völlig entspannt und unspektakulär, sicher auch weil ich im Zug die Fahrkarten im Blick behielt. Im Bus von Fredericia zurück nach Flensburg stellte ich jedoch mit ein bisschen Wehmut fest, dass ich nun wieder „nur“ Maskottchen und nicht mehr Co-Reiseleiter war. Gleichzeitig war ich aber auch ein bisschen stolz darauf, dass ich zusammen mit Robert und Astrid die Gruppe sicher über "meine" Insel geführt hatte und es allen augenscheinlich sehr gut gefallen hat.

Außerdem freute ich mich auch auf die Rückkehr zu meinem kleinen Bruder Ingólfur, dem ich begeistert von unserer Reise erzählt habe. Wer weiß, vielleicht darf er beim nächsten Mal ja auch mit, wenn er vorher lernt, dass die ersten dauerhaften Siedler 874 n.C. nach Island kamen…

Text: [Grímur]
Fotos: [Ingrid (4), Roland (2), Kristin (1), Beate (1), Marina (1), Astrid]

Und weil es so eine schöne Reise war, kommt hier noch eine Galerie, zusammengestellt aus Ingrids Fotos.